Einerseits: Projekte entwickeln sich nicht immer so, wie wir es erwarten. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben: die Rahmenbedingungen für ein Projekt verändern sich, einzelne Teilschritte benötigen mehr Ressourcen als angenommen, es kommt unerwarteterweise zu Widerständen, die Stakeholder entwickeln neue Bedürfnisse, unvorhergesehene Hindernisse müssen überwunden werden etc. Angesichts der Komplexität unseres Feldes dürfte es eher die Ausnahme als die Regel sein, dass sich mehrjährige Projekte oder Programme exakt so entwickeln, wie es ursprünglich im Projektkonzept festgehalten wurde. Zudem widerspricht das Prinzip der Partizipation einer minutiösen Vorausplanung und konzeptgetreuen Umsetzung. In partizipativen Projekten werden Massnahmen und teilweise auch Projektziele erst in der Umsetzungsphase mit den Zielgruppen erarbeitet, regelmässig überprüft und gegebenenfalls wieder adaptiert.

Andererseits: Zur Finanzierung von Projekten müssen Projektträger Finanzierungsanträge stellen, in denen Ziele, Zwischenziele und Massnahmen vollständig und ausführlich beschrieben und Personal- und Sachkosten detailliert ausgewiesen werden. Diese oft auf mehrere Jahre ausgerichteten Projektanträge sind die Grundlage für die Zusicherung von Geldern und für entsprechende Unterstützungsverträge. Nachträgliche Änderungen von Zielen und Massnahmen sind oft nicht einfach und erfordern neue vertragliche Vereinbarungen. Es ist zudem eine Herausforderung, für partizipative Entwicklungsprojekte Gelder zu beantragen, weil sich die partizipative Projektlogik nur schwer mit den Anforderungen an eine detaillierte Planung vereinbaren lässt.

Von klassisch zu agil

In der Softwareentwicklung hat man vor über zwanzig Jahren damit begonnen, die vorherrschenden starren Entwicklungskonzepte (‘Wasserfallprinzip’) zu hinterfragen und dynamischere Verfahren zu entwickeln. Nach dem Wasserfallprinzip wird auf der Basis von Kundenwünschen eine technische Spezifikation geschrieben, auf dieser Grundlage ein Vertrag abgeschlossen, die Software programmiert und getestet, und am Schluss dem Kunden das fertige Produkt überreicht. Es ist nicht erwünscht, dass sich der Kunde in den Entwicklungsprozess einbringt, die Programmierung richtet sich streng nach der Spezifikation. Dies führt dazu, dass der Kunde mit dem Endprodukt oft unzufrieden ist. Verbesserungspotenzial wird meist zu spät sichtbar – ist das Produkt bereits fertig, werden Anpassungen umständlich und teuer.

Als Gegenentwurf wurden agile Managementkonzepte entwickelt, welche sich in der IT-Branche mehr und mehr durchsetzen. Die Software wird aus Kundensicht beschrieben, in einem iterativen Prozess und in enger Absprache mit dem Kunden entwickelt, Teilprodukte gemeinsam begutachtet, die Anforderungen regelmässig überprüft, angepasst und neu priorisiert. Folgende Gegenüberstellung zeigt die Unterschiede zwischen klassischem und agilem Projektmanagement:

Die agilen Konzepte geben interessante Anregungen für das Projektmanagement in der Gesundheitsförderung und Prävention. Iterative Ansätze sind in unserem Feld zwar nicht neu: die Verknüpfung von Projektmanagement, Qualitätsmanagement und Gesundheitsförderungsprinzipien (u.a. Partizipation) hat in der Schweiz schon früh zu iterativen Modellen geführt (vgl. Qualitätssystem quint-essenz von Gesundheitsförderung Schweiz). Agiles Projektmanagement geht aber darüber hinaus und bietet Methoden und Techniken, die unser Feld bereichern können. Es fordert heraus und bietet die Gelegenheit, unseren Umgang mit Projekten zu reflektieren, Normen und Abläufe kritisch zu hinterfragen und das Projektmanagement neu zu denken. Folgende Aspekte können dabei die Richtung vorgeben:

  • Engere Zusammenarbeit zwischen Projektträgern, Zielgruppen und Geldgebern
  • Etablieren von kürzeren Entwicklungszyklen
  • Förderung der Selbstorganisation sowohl auf Ebene des Projektsystems als auch auf Ebene der Zielsysteme
  • Entwicklung von neuen – agilen – Modellen der Projektförderung/Projektfinanzierung
  • Prüfen und Übertragen von Methoden und Instrumenten aus dem agilen Projektmanagement auf Projekte der Gesundheitsförderung und Prävention (z.B. task board, daily standups, timeboxing, use cases)

Sind Sie interessiert daran, Ihr Projektmanagement weiter zu entwickeln?