Ziele sollten möglichst konkret und messbar formuliert werden, darüber ist man sich mittlerweile weitgehend einig. Das Konzept der ‚smarten Ziele‚ und die Operationalisierung von Zielen mittels bedeutsamer Indikatoren gehören heute zum Standardrepertoire von Organisations- und Projektmanagerinnen und –managern und sie sind fester Bestandteil in Curricula entsprechender Lehrgänge.
Diese Entwicklung ist insofern erfreulich, als dass heute viel konsequenter als früher danach gefragt wird, was wir mit unseren Dienstleistungen genau bezwecken. Allerdings sind mit dieser Systematisierung bei der Zielformulierung und –überprüfung auch Gefahren verbunden. Dann nämlich, wenn es nicht mehr primär um die Inhalte geht, sondern die Form im Vordergrund steht. Die folgenden Reflexionen sollen zur Diskussion anregen:

Darf man keine Ziele formulieren, die nicht messbar sind?
Bei der Zielformulierung muss der Inhalt im Vordergrund stehen. Die Frage der Messbarkeit ist zwar eine wichtige, aber erst nachrangige Angelegenheit. Ziele, welche im Rahmen der eigenen Möglichkeiten nicht direkt gemessen werden können, sind deswegen noch lange keine schlechten Ziele. Vielmehr gilt es zu überlegen, welche alternativen Möglichkeiten es für eine Beurteilung der Zielerreichung gibt. Ist beispielsweise die Reduktion von Krankheitsprävalenzen in einer Bevölkerungsgruppe aus methodischen, finanziellen oder ethischen Gründen nicht messbar, so soll dieses Ziel deswegen nicht gestrichen werden, wenn es an sich wichtig und richtig ist. Einschätzungen von Expertinnen und Experten können beispielsweise aushelfen, wenn eine direkte Messung der Prävalenzen nicht möglich ist. Lieber bedeutsame Ziele, auch wenn sie nicht immer direkt gemessen werden können, als Ziele, zu denen es zwar gute Daten gibt, die aber nicht wirklich das beschreiben, was man wirklich erreichen will.

Soll man seine Ziele laufend aktuellen Entwicklungen anpassen?
Entwicklungen in sozialen Systemen sind in der Regel nicht exakt voraussehbar, was nicht nur die Zielformulierung, sondern auch die Zielerreichung erschwert. So kann es in der Durchführung eines Projekts plötzlich zu Widerständen kommen oder die Erfahrung zeigt, dass sich einzelne Massnahmen nicht so einfach wie vermutet umsetzen lassen. Sollen nun die Ziele möglichst rasch angepasst werden, damit die Zielerreichung nicht gefährdet ist? Eine Korrektur der Ziele kann durchaus sinnvoll sein, allerdings sollte dies eher die Ausnahme bleiben. Wenn in der Konzipierung eines Projekts Ziele festgelegt wurden, dann gab es auch gute Gründe für diese Ziele. Können diese nun nicht wie geplant erreicht werden, so muss man sich immer zuerst die Frage stellen, welche alternativen Strategien und Massnahmen gewählt werden könnten, um die Ziele auf anderem Weg zu erreichen. Zudem sind Projekte, welche nicht alle Ziele in geplantem Umfang erreichen, nicht a priori schlechte Projekte. Gerade in komplexen Zusammenhängen ist es eher Regel als Ausnahme, dass Ziele nicht vollständig erreicht werden. Eine vorschnelle Korrektur der Ziele „nach unten“ verhindert Lernprozesse und das Auffinden von neuen Wegen. Also nicht zu schnell aufgeben, wenn die Ziele die richtigen sind!

Macht es in komplexen Zusammenhängen überhaupt Sinn, Ziele zu setzen?
Auch in sehr dynamischen Zusammenhängen, in denen viel Unvorhersehbares passieren kann, soll nicht auf das Formulieren von Zielen verzichtet werden. Im Gegenteil, Ziele sind dort umso wichtiger, will man nicht ziellos hin und her getrieben werden. Eine klare Vorstellung darüber, wohin die Reise gehen soll, braucht es auch bei stürmischem Seegang. Allerdings ist eine regelmässige Überprüfung des Kurses dort besonders wichtig, um rechtzeitig Kurskorrekturen vornehmen zu können. In sehr komplexen Programmen oder Projekten muss man sich generell aber eine grössere Offenheit im Umgang mit Zielen bewahren. Insbesondere dann, wenn Ziele und Massnahmen in partizipativen Prozessen laufend weiter entwickelt werden, können zu Beginn oft nur grobe und provisorische Ziele formuliert werden. Aber auch da geht es nicht ohne eine Verständigung darüber, wohin die Reise gehen soll.